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  • Gülpinar Günes

Wildcampen ist gefragter denn je – aber halten Sie Ihren Lieblingsplatz geheim mahnen Verbände

Wegen der Pandemie strömen die Menschen mit ihren neuen Campern in die Natur. Dabei gibt es aber einiges zu beachten, bevor man losfährt. Sonst droht man die Natur, die man erleben will, zu zerstören.

(Quelle: Volker Glätsch / Pixabay)

Campen und Wildcampen, also das Übernachten in einem Fahrzeug draussen in der Natur, sind beliebt wie wohl noch nie zuvor. Auch dank der Pandemie suchen viele Menschen Abgeschiedenheit und Ruhe in der Natur: Die Campingplätze des TCS sind diesen Sommer schon fast ausgebucht und die Neuimmatrikulationen von Camper-Wagen steigen seit mehreren Jahren an.


Gleichzeitig erleben Plattforme wie MyCamper, auf denen Private ihren Camper zur Miete anbieten können, einen regelrechten Ansturm. Nicht nur nimmt die Anzahl der Fahrzeuge auf der Plattform zu, auch die Buchungen dieses Jahr bis Ende Mai haben sich laut dem Unternehmen mehr als verdoppelt im Vergleich zur selben Periode im Vorjahr.


Mittlerweile gibt es auch unzählige Plattformen, die das Naturerlebnis vereinfachen wollen: Apps wie park4night beispielsweise bieten eine Übersicht, wo man mit seinem Fahrzeug überall campen kann. Die Nutzer können jeweils ihre Standorte in der App eintragen und für andere zugänglich machen. Und da beginnt die Kehrseite des Booms: Die Standorte werden teilweise überrannt. Dabei sind sie nicht einmal geprüft und teils ist es sogar verboten, dort zu campen.


Verrate nicht, wo du warst


Das Problem hat auch der Schweizer Alpen-Club SAC erkannt und eine Instagram-Kampagne lanciert: Mit den Hashtags #nogeotag, #leavenotrace, #consciouscamping und #buylocal will er vor allem jüngere Leute, die auf Sozialen Medien unterwegs sind und Apps wie park4night nutzen, dazu animieren, sich nachhaltiger in der Natur zu bewegen. Dazu gehört auch den Standort beim Wildcampen geheim zu behalten, um einen Besucheransturm zu vermeiden.


«Wir haben viele positive Reaktionen erhalten, gerade zu #nogeotag.», sagt Philippe Wäger, Ressortleiter Umwelt und Raumentwicklung beim SAC.



Die Aktion mit dem Hashtag #nogeotag, die darauf hinweist, dass man seinen Platz geheim halten soll, und sei er noch so schön, startete in den USA, wo das Problem bereits vor zwei Jahren erkannt wurde. Dort würden abgeschiedene Seen und Sehenswürdigkeiten mit mehreren Hundert Touristen täglich überflutet, nur um das perfekte Instagram-Foto zu schiessen. Selbstverständlich mit der Standortangabe. Vorreiter dabei sind oft Influencer, die mit einem Foto mehrere Tausend Menschen erreichen.


Das passende Angebot fehlt


In der Schweiz betrifft das Phänomen laut Wäger vor allem malerische Hotspots wie den Oeschinensee oder das Augstmatthorn oberhalb des Brienzersees. Hier ein «schlechtes» Beispiel vom Oeschinensee mit einem Geotag:



Wildcamper ziehe es allerdings vor allem in einfach zugängliche Naherholungsgebiete, wie beispielsweise den Naturpark Gantrisch bei Bern. Dieser sei während der Pandemie überrascht worden von den vielen Wildcampern. Gleichzeitig stellt Wäger fest: «Für die Leute, die in der Natur Ferien machen wollen, fehlte vielerorts das Angebot, dies haben viele Destinationen nun aber erkannt.»


Neue Angebote gibt es unter anderem mit Pop-Up Campingplätzen beispielsweise in Graubünden oder mit Plattformen wie «Nomady», einem «Airbnb» für Camper. Wer einen Platz hat, auf dem man mit Camper oder Zelt übernachten kann, schreibt ihn dort einfach aus. Das Spezielle an der App ist jedoch: Sie ist im Austausch mit Pro Natura, wie der Projektleiter Freizeitaktivitäten und Naturschutz der Organisation, Andreas Boldt auf Anfrage sagt. Die Platzangebote würden abgesprochen und seien aus Naturschutz-Sicht in der Regel wenig problematisch.


Man muss sich vor der Reise informieren


«Apps sind allerdings eine Gratwanderung», ergänzt er. Einerseits bieten sie die Möglichkeit zur Lenkung, andererseits locken sie mehr Leute an den Standort. Deswegen setze Pro Natura auch weiterhin auf Sensibilisierung, sowohl digital als auch vor Ort mit Rangern. Denn Boldt stelle immer wieder fest:


«Die Leute haben einfach keinen Bezug mehr zur Natur und informieren sich im Vorfeld nicht, was erlaubt ist.»

Wäger und Boldt empfehlen daher beide, sich gründlich zu informieren vor der Reise. Das ist allerdings nicht ganz so einfach, da in jedem Kanton andere Regeln fürs Camping und fürs Zelten gelten. Folgend einige Anlaufstellen, um eine bessere Übersicht zu erhalten.


Hier findest du mehr Infos:

 

Erfahrungen einer Instagrammerin in der Schweiz



Katharina Foster ist 30 Jahre alt und pflegt gemeinsam mit ihrem Ehemann Simon das Instagram-Konto @swiss.paws. Das Paar teilt dort seit rund zweieinhalb Jahren ihre Ausflüge in der ganzen Schweiz, die sie gemeinsam mit ihren beiden Hunden Summit und Mogli unternehmen. Das Konto mit den niedlichen Fotos der Hund in den Bergen zählt mittlerweile über 12'000 Follower.

Wie Foster erzählt, ist das Paar seit Beginn der Pandemie mit einem Camper unterwegs. Dabei markieren sie jedoch nie, wo sie übernachten. «Man soll sich selber mit der Reise auseinandersetzen, wenn man an schöne Orte will», sagt Katharina. Früher, als sie nur wanderten, hätten sie das noch gemacht. Aber als ihre Lieblingsorte überlaufen waren, war Schluss damit. «Irgendwann hat uns das dann gestört.»

Beim Campen nutze das Paar vorwiegend die App park4night: Sie sei praktisch, um bestehende Orte anzufahren. Allerdings müsse man immer damit rechnen, dass die Plätze bereits besetzt oder verboten worden sind. Das schlimmste Erlebnis jedoch hätten die beiden auf einem Parkplatz auf dem Furkapass gehabt. «Auf der Parkbucht lag überall Menschenkot und Klopapier.» Heute sei der Spot gesperrt und dafür habe sie vollstes Verständnis. «Es wird immer mehr Verbote geben», so Foster. «Die Menschen schätzen die Natur nicht oder es ist ihnen egal, was nach ihnen kommt.»

Für Neulinge empfiehlt sie dennoch, die App zu nutzen und sich Stellplätze von privaten Anbietern zu suchen. Das sei die sicherste Übernachtungsvariante. Ansonsten habe sie die Grundregel: Nichts liegenlassen und mitnehmen, was andere liegengelassen haben.

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